Bericht der Rheinpfalz vom 07.06.2024

Nanzdietschweiler

 

 Der letzte Kerzenzieher der Westpfalz

 


 

Manuel Stuppy bei der Arbeit an einer gezogenen

 

 

 

Manuel Stuppy betreibt in Nanzdietschweiler die einzige verbliebene Kerzenzieherei der Westpfalz. Zwischen einer industriell hergestellten Kerze und dem Produkt von Stuppy liegen jedoch wesentliche Unterschiede. DIE RHEINPFALZ hat den Inhaber der Manufaktur und eines Ladengeschäfts besucht.

 

Der Einblick in die händische Herstellung von Kerzen beginnt mit einer emotionalen Zeitreise – es geht zurück in frühe Kindheitserinnerungen. Wer den Werkraum von Manuel Stuppy betritt, atmet den Duft von erhitztem Wachs. Vielen war das eigene Herstellen einer Kerze im Grundschulalter eine Freude – meist zur Weihnachtszeit. Aber es ist auch nicht abwegig, als Erwachsener, beeinflusst durch den Duft auch im Sommer und Jahrzehnte nach der Kindheit, weihnachtliche Assoziationen aufkommen zu lassen. „Sie riechen gerade nicht ein einzelnes Wachs, sondern eine Mischung“, sagt Stuppy direkt nach der Begrüßung. Er ist sofort in seinem Element und nimmt den Reporter der RHEINPFALZ mit in seine Welt. Wer allgemein im Alltag von „Kerzenwachs“ spricht, wird hier schnell eines Besseren belehrt.

 

Stuppy greift nacheinander in vier große Rollcontainer und zeigt jeweils die unterschiedliche Körnung von Paraffinwachs, Stearinwachs, Bienenwachs und Mantelwachs. Während das Paraffinprodukt sowie die Stearinbeimischung unterschiedliche Brenn- und Geruchseigenschaften mit sich bringen, hat das Bienenwachs einen anderen ursprünglichen Verwendungsgrund. Als ein natürlich geltendes Produkt sei es lange Zeit der Kirche vorbehalten und als etwas Erhabenes angesehen gewesen – ausschließlich bestimmt für sakrale Handlungen. Die Kirche spielt an dieser Stelle eine weitere Rolle für Stuppy: „Ich war Ministrant und habe aus dieser Zeit einen bewussteren Blick auf Kerzen als Produkt“, berichtet er. Das Mantelwachs im vierten Container ist nicht nach seiner chemischen Zusammensetzung oder Herkunft, sondern schlicht nach seiner Funktion benannt. Es bildet die Außenschicht einer Kerze und verleiht ihr Festigkeit. Demzufolge findet das Bad im Mantelwachs als letzter Tauchvorgang im Herstellungsprozess statt.

 

Schöpfen und Gießen

 

Die Ausdrücke Gießen, Baden und Ziehen können für Außenstehende verwirrend sein, doch Manuel Stuppy verweist geduldig auf den größten Aufbau, der die Mitte des Werkstattraumes einnimmt. An einer Halterung ist ein Docht befestigt. Das Ende hängt über einem großen Topf, der an einen Einkochautomaten erinnert. In diesem befindet sich erhitztes Wachs. Mit einem Gefäß schöpft Stuppy mehrmals von dem Wachs und gießt es seitlich an den Docht. Die richtige Temperatur des Bades ist eingestellt, wie der Fachmann sofort erkennt. Nur dann bleibt das Wachs optimal am Docht haften. Auch, wenn der hängende Docht begossen wird, spricht der Experte von einer gezogenen Kerze. Ein eigentliches Bad gibt es in diesem Fall erst bei der Ummantelung am Ende.

 

In einer Ecke des Raumes befinden sich Gefäße, die von ihren Formen und von den Proportionen her an einen Schnellkochtopf, an einen kleinen Soßentopf sowie an einen überdimensionierten Wasserkocher erinnern. „Dies ist der komplette Aufbau für ein Guss-Verfahren“, erklärt Stuppy, der sich in erster Linie als Handwerker sieht.

 

Unterschied zur industriellen Herstellung

 

Die Königsklasse sei die gezogene Kerze, sagt Stuppy. An ihrem Ende sieht man deutlich die Abschlusslinien der einzelnen Guss-Schichten. In geringem Maß schließe jede Schicht etwas Sauerstoff ein, was das Brandverhalten der Kerze begünstige. Das könne eine gepresste, industriell hergestellte Kerze nicht bieten, erklärt er. Auch die Herstellung konisch geformter Kerzen sei kein Problem. Soll eine Ziehkerze aber durchweg denselben Umfang aufweisen, müsse sie mehrfach in der Aufhängung gewendet werden. Auf einem speziellen Gerät wird der Boden glatt geschmolzen, so dass die Kerze aufgestellt werden kann.

 

Die Wahl des jeweils am besten geeigneten Dochts, die Wachsmischung und der Umfang der Kerze sowie die richtige Temperatur seines Manufaktur-Raumes sind wesentliche Aspekte von Stuppys Handwerk. „Die Kunst kommt danach“, erklärt er und zeigt auf einen Tisch, der einer Werkbank ähnelt. Neben einem gerasterten Schneidebrett liegen hier auch Lineal, Skalpell und einiges weiteres Handwerkszeug. Dort werden Motive und Formen aus farbigen Wachsplatten geschnitten, um sie dann als Dekor auf den ansonsten fertiggestellten Kerzen zu applizieren. Das Aufbringen auf die Kerzen selbst geschieht ausschließlich durch Handwärme.

 

Ein weiterer künstlerischer Aspekt ist das Erzeugen von Farben. Auch eine marmorierte Oberfläche lässt sich in Stuppys Manufaktur herstellen. Die Produktion einer einzelnen Kerze kann bis zu acht Stunden lang dauern. Mittels einer Halterung, in die sich mehrere Dochte spannen lassen, ist es jedoch möglich, mehrere Kerzen parallel herzustellen. Die Kerzenmanufaktur ist zwar bei Stuppy zu Hause in Nanzdietschweiler untergebracht, von Montag bis Freitag ist er jedoch auch für zweieinhalb Stunden am Nachmittag in seinem Kerzenfachgeschäft in Brücken in der Hauptstraße anzutreffen.

 

 

 

Bericht im LEO Magazin der Rheinpfalz April 2021

Die Rheinpfalz zu Besuch bei der Kerzenmanufaktur

Landkreis Kusel,

Die Rheinpfalz vom 24.12.2019

 

Er bringt das Licht: Manuel Stuppy aus Nanzdietschweiler stellt Kerzen her

 

Schon als Messdiener haben Manuel Stuppy aus Nanzdietschweiler die schönen Kerzen in der Kirche fasziniert, nicht nur zu Weihnachten, aber dann ganz besonders. Vor drei Jahren hat der 39-Jährige dann seine Kerzenmanufaktur ins Leben gerufen.

 

Manuel Stuppy verziert Kerzen, gießt sie aber auch. Und möchte sich bald eine Apparatur anschaffen, mit der auch Kerzenziehen und -übergießen möglich sein wird. Hochkonzentriert führt er eine Art Skalpell, schneidet einen feinen Streifen Goldbordüre ab. Er hat keine Eile, ist in seine Arbeit versunken. Mit langen, schlanken Fingern legt er dann den dünnen goldfarbenen Streifen um den grünen Tannenbaum aus Wachsplatte, den er zuvor ausgestochen und bereits auf der dicken, weißen Kerze angebracht hat. „Noch etwas edles Gold“, murmelt er, während er die Konturen nachfährt, um schließlich zu entscheiden: „Und jetzt kommt oben noch ein Stern drauf.“

 

Zu Weihnachten da wird es Licht, da kommt Jesus an, das Licht der Welt. Zu keiner anderen Zeit hat Licht, haben Kerzen eine solch starke Bedeutung. Das Licht von Bethlehem geht um die ganze Welt. Doch können Kerzen ganz verschiedene Bedeutungen haben, erklärt Stuppy.

 

Als Friedenszeichen etwa. Oder zu Ostern, „da geht man ins Licht“, und Jesus von der Erde. „Jede Kerze sollte eine Bedeutung haben“, findet der 39-Jährige, doch gelte eben ganz allgemein: „Eine Kerze strahlt Ruhe aus, auch wenn sie etwas flackert.“

 

 

Altes Handwerk wiederbeleben

 

Kerzen zu verzieren, ist eine seiner Lieblingsarbeiten, gibt Stuppy zu. Doch auch das Herstellen von Kerzen habe seine Reize – und werde hoffentlich bald mehr bei ihm nachgefragt. Denn schließlich sei es auch Teil der Motivation zur Gründung seiner Kerzenmanufaktur gewesen, ein altes Handwerk wiederzubeleben. „Es gibt den anerkannten Lehrberuf Wachszieher oder Wachsbildner“, weiß er. „Allerdings will das kaum noch wer machen.“

 

Für den Verkaufsleiter sind die Kerzen schon mehr als ein Hobby, sie sind seine Passion. Er taucht in eine anderen Welt ein, wenn er in seinem kleinen, sehr sorgfältig aufgeräumten Arbeitszimmer zugange ist. Das befindet sich im Erdgeschoss seines Elternhauses, wo er selbst noch wohnt, in Blickweite der Kirche, deren Fenster im Dunkel so schön bunt herüberleuchten und die ihn so geprägt haben, um zu tun, was er nun tut.

 

Der Schreibtisch steht am Fenster, das jedoch zur Straße raus zeigt. Eine helle Leuchte ermöglicht genaues Arbeiten, verschiedenste Wachsmodellierwerkzeuge sind aufgereiht. Manches davon eher spitz, anderes eher rund und platt. Das hat sich Stuppy ebenso zusammensuchen müssen aus verschiedenem Bastelbedarf oder gar Arztbesteck wie anderes Arbeitszeug – Plätzchenausstecher können beispielsweise hilfreich sein. Vorgefertigtes Spezialwerkzeug gibt es wenig.

 

Auch Bezugsquellen musste er sich suchen: für die Kerzen, die er dann verziert; für die Wachsplatten und Wachssymbole; für Öl- und Acrylfarben, mit denen er Kerzen bemalt, für Paraffin und Stearin sowie Bienenwachs, aus denen er Kerzen gießt. Ganz besonders stolz ist er auf zwei Spezialtöpfe zum Erwärmen des Wachses im Wasserbad. Und dann kam auch noch die viele Mühe zum Erstellen einer Webseite hinzu. Stuppy hat sich ganz schön in seine Kerzenmanufaktur hineingehängt.

 

 

Jede ein Unikat

 

Eine Wachsziehermeisterin aus Bayern stehe ihm hilfreich zur Seite, beantworte alle Fragen gerne, berichtet Stuppy. Bisher kann er verschiedene Formen gießen, auch Sonderformen wie etwa eine Kerze mit zwei Dochten. „Die eignet sich dann für eine Hochzeitskerze“, erklärt er. Bald möchte er sich ein Gestell anschaffen, an dem Kerzen aufgehängt werden können. Vorher werden die Dochte zunächst mehrmals ins heiße Wachs getaucht, dann hängend damit übergossen.

 

Großaufträge könne er (noch) keine annehmen, jede einzelne Kerze ist anders und ein in Handarbeit hergestelltes Unikat. Weiß, mit Farbpigmenten oder mit Glitzer. Mit Verzierungen oder ohne. Das können die Kunden vorgeben – und Ideen mit Stuppy erarbeiten. „Kreativ muss man schon sein, und ein räumliches Denken für die Verhältnisse auf der Kerze haben“, erklärt er.

 

Info

 

www.kerzenmanufaktur-stuppy.de